Eis und Bernstein Staffel 1 # 6: Für immer und ewig

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Zwar liegt es mehr als 20 Jahre zurück, als ich mit Rasa und Valdas ein legendäres Paar geschaffen hatte; zwei Menschen, die trotz ihres Altersunterschieds und ihrer Charaktere wie füreinander bestimmt scheinen. In diesen 20 Jahren machten sie einiges durch, einmal gab es einen guten Ausgang ihrer Geschichte, einmal ging ihre Liebe in die Brüche und zwischendurch lagen sie in einem langen Winterschlaf. Bis ich sie mit den "Gesichtern des Januars" wieder erweckt und in die 1980er geschickt habe. Nach 20 Jahren kann Rasa mit dem KGB auch eine andere Biografie vorzeigen. Sie ist um Welten tougher geworden, obwohl in ihr ein zerbrechliches Herz schlägt.



Für die beiden könnte alles perfekt sein, Rasa kennt Valdas ihr Leben lang und sie ist wie ein Neuanfang in seinem Leben. Würden sich nicht Schatten wie die Einschlüsse eines Bernsteins über sie legen: Valdas ist verheiratet und Rasa sollte daher als angehende Kommissarin für Staatssicherheit keine Zuneigung zeigen - zumindest, wenn sie offiziell im Dienst ist.
Ob dieses Mal die Liebe für immer und ewig hält, offenbart Staffel 2.




In der frischen Brise des verglimmenden Abends hing der Duft von Parfüm, Sonnenmilch und Gegrilltem, an den Fahrgeschäften des kleinen Vergnügungsparks leuchteten unzählige Glühbirnen wie ein buntes Meer. Auch am Pavillon glommen tausende kleine Lämpchen, die der Windhauch, der durch die zum Strand hin offene Seite wehte, schaukeln ließ. Eine Glitzerkugel flutete die Kuppel, die Wände und das Parkett mit silbernen Tröpfchen. In der Mitte des Pavillons tanzten Paare zu den Schlagern der Melodija-Schallplatten, junge Verliebte lagen einander in den Armen, Blicke glühten.
          Eine flinke Bedienung räumte die Reste des Abendessens fort, unterbrach den Moment, in dem Rasas Finger sich in Valdas‘ Hand verhakt hatten. Sie stützte den Ellenbogen auf den Tisch, nahm einen Schluck Krimskoje, Als er sie ansah, spürte sie das Prickeln der Sektperlen.
          „Wollen wir?“, fragte er, neigte den Kopf zur Tanzfläche. Sanft strich er ihren Arm.
          „Ja.“ Rasa stand auf, ließ sich von ihm auf die Tanzfläche geleiten.
          Unter ihren Sandalen knirschte der feine Dünensand, als Valdas sie führte. Über den Dächern des alten Vilnius, und sie dachte, wie passend. Auf seinen Haaren tanzten Silbertropfen, das Schimmern umgab auch sie, ihre Schritte, als zeichnete es den Kreis, in dem sie sich bewegten. Valdas‘ Hand wanderte auf ihren Rücken, sie spürte die Wärme seines Körpers, seinen Atem, dann seinen Kuss. Zunächst berührten seine Lippen ihre nur zaghaft; seinen Arm um ihren Nacken geschlungen küsste er sie wie in ihren intimsten Momenten.
          „Wir sind weit weg von Vilnius“, sagte er. In seinen Augen spiegelten sich die fröhlich glimmenden goldenen Lämpchen. „Hier ist niemand, der uns kennen könnte. Oder doch?“
          „Und wenn?“, entgegnete sie, lehnte ihre Wange an seine.
          „Egal“, antwortete er. Seine Lippen lagen auf ihren Haaren, während er sie wiegte und drehte. „Fühlen wir uns frei.“
          Wie die Perlen im Glas umgab sie die angenehme Vorstellung, für den Moment zu leben. Umspielt von der Musik dauerte dieser Moment ewig. Sie wollte in diese baltische Sommernacht mit ihrer salzigen Kühle, der Liebe und in sprudelnden Krimsekt eintauchen.


© Ira Ebner 2020






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