Schreiben ist wie eine Reise. Sie hat einen Anfang und ein Ziel. So ist es auch in "Das deutsche Spiel", dessen finaler Akt bevorsteht. Ich habe Arne auf den Etappen seiner Deutschlandreise begleitet, durch Turbulenzen jeder Art, in der Luft, wie auch auf dem Boden der Realität.
Ich bin aktuell mitten im Wahlkampf, die Tour rollt durch den deutschen Sommer. Kilometer um Kilometer auf Autobahnen, Landstraßen, übers Meer zu den Nordseeinseln, auf die Bühnen der großen Städte und zu Besuch bei den Menschen auf dem Land.
Mit etwas Wehmut habe ich das Ziel im Blick, das Wort um Wort klarer auftaucht, nämlich den Abend der Entscheidung. Die Dramaturgie des Finales läuft bereits in meinem Kopf ab. Da es aber keine Umwege geben darf, muss ich kürzen. So leid es mir tut, ganze Passagen fallen dem Copy and Paste zum Opfer. Vielleicht tauchen sie in einer anderen Form im nächsten Roman wieder auf?
Was bisher geschah, habe ich angedeutet. Arne ist auf Tour und Gesa begleitet ihn. Doch ausgerechnet Dieter Maroldt, der für das Nachrichtenmagazin "Panorama" schreibt, und seit Beginn des Romans Arne-Hater, ist mit an Bord und berichtet nicht gerade nett über den Kandidaten. Währenddessen treibt die Praktikantin Judith in Berlin in der Wahlkampfzentrale ihr doppeltes Spiel weiter, bis Vera einen Anruf bekommt.
Machen wir doch einmal Station mit Arne und seinem Team, bevor es nochmal heiß hergeht ...
© Ira Ebner 2016
Machen wir doch einmal Station mit Arne und seinem Team, bevor es nochmal heiß hergeht ...
Kilometer um Kilometer legte der Bus auf Autobahnen zurück. Der Asphalt flirrte und spiegelte Hitzebilder. Entlang der Leitplanken wuchsen Goldruten. Immer wieder spendeten Wälder Schatten. Seen funkelten in der Sonne. Mähdrescher fuhren reife Kornfelder auf und ab und Wolken drifteten als Schatten darüber.
Die Stimmung im Bus entsprach dem Sommertag. Vera Winter hörte über ihren Ipod Musik, während sie Zeitungen und Magazine las. Julian Markowski suchte auf seinem Ipod Berichte über den Kandidaten heraus. Die Journalisten, die Arne Steenborg dieses Stück begleiteten, scharten sich um ihn, lehnten in den Sitzen oder beugten sich zu ihm. Er antwortete auf ihre Fragen, machte launige Bemerkungen und brachte sie dazu, einmal zu lächeln. Nur Dieter Maroldt nicht. Das Fernsehteam filmte, Fotoapparate blitzten. Arne machte mit.
An einer Raststätte, in der es nach scharfen Desinfektionsmitteln und Frittiertem roch, machte der Bus Pause. Der Fahrer wusch die zerplatzten Insektenkörper von der Windschutzscheibe. Arne stellte sich in den Schatten und rauchte. Er sah Vera nach, die mit einer Journalistin an litauischen und polnischen Lastwagen vorbei zur Raststätte ging. Er hatte sie gebeten, ihm etwas zu Essen zu besorgen, Currywurst oder was es gab. Sie zeichnete mit den Händen Figuren in die Luft, die Handtasche schaukelte mit ihren Schritten und sie plauderte mit der Journalistin, als sei sie ihre Freundin. Nebelkrähen segelten herab und stocherten mit den Schnäbeln in überquellenden Mülleimern herum.
„Ich muss dir was zeigen“, sagte Julian und reichte ihm sein Ipod. „Das ist doch einmal nett.“
Vera und die Journalistin waren verschwunden. Maroldt hielt sich weiter entfernt bei den anderen Reportern auf. Er nippte an seinem Kaffeebecher.
Arne glaubte nicht daran, was er auf dem Bildschirm las.
Honorare, Weinempfehlungen und jedes Wort wird Arne Steenborg im Mund umgedreht. Jede Geste wird gedeutet und ausgeschlachtet, um die nächste mediale Entrüstung zu inszenieren. Unter manchen Kollegen scheint das Steenborg-Bashing Hobby zu sein, ohne dabei zu überlegen, was wahr an manchen Behauptungen sein könnte. Es wird einfach draufgehauen, nachgelegt, denn mit keinem anderen deutschen Politiker lassen sich derzeit Klicks und Auflagen mehr steigern, als mit dem Kanzlerkandidaten. Ihm wird seine forsche Art negativ ausgelegt. Sind wir ihm dankbar, dass wieder Leben in den starren Berliner Politikbetrieb kommt …
„Ja, wirklich nett“, sagte Arne und gab Julian das Ipod zurück. „Es soll Menschen geben, die es einem gut meinen. Vielleicht ist es noch nicht zu spät, Julian.“© Ira Ebner 2016
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Felder und ein blauer Sommerhimmel ziehen vor dem Fenster vorbei. Deutschland im August. |
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