Making of "Das Deutsche Spiel" #3: Vendetta

Auf Seite 200 gibt man nicht mehr auf. Ich habe Kanzlerkandidaten Arne Steenborg auf seine Reise geschickt. Dem eisigen Wind zum Trotz, der ihm aus dem Blätterwald entgegenweht, nimmt er Bühnen ein, redet und stellt ein modernes, fortschrittliches und sozial gerechtes Deutschland in Aussicht. Hinter ihm steht seine Frau Gesa, die ihre Brandrede noch halten darf.

Es könnte mehr als der Versuch werden, Geschichte zu schreiben, und darum der erste Gedanke, das ganze fast wie ein deutsches Märchen klingen zu lassen. Der Arbeitstitel lautete "Der Kandidat - Fast ein deutsches Märchen". Betonung auf "fast". Märchen enden immer gut, die Bösen verlieren und die Edlen leben weiter "und wenn sie nicht gestorben sind". Wenn da nicht jemand sehr Mächtiges wäre, der in Arne Steenborg eine Bedrohung sieht, nämlich der Chef einer Großbank, Albert Mosbach.

Mit Arnes Kandidatur und dem Papier zur Regulierung der Finanzmärkte beginnt Mosbachs persönliche Vendetta. Er hat mit dem Mann, der Kanzler werden will, eine Rechnung offen. Arne hat ihm als Finanzminister während der Bankenkrise die Bank verstaatlicht, um größeren Schaden für die Volkswirtschaft abzuwenden. Inzwischen gehört Mosbach die Bank wieder. Sein Arm reicht weit, er hat Plan A und einen Plan B, falls Plan A nicht aufgeht. Arne bleibt nur die zweite Option, dem eisigen Wind zu trotzen. Bis hierher, Seite 200 also ... und weiter.


Heute liefern mir die "Panama Papers" eine Steilvorlage. Einem Antagonisten wie Albert Mosbach ist durchaus zuzutrauen, dass seine Bank Dutzende Offshore-Scheinfirmen erfindet, um u.a. Schrottpapiere damit zu veräußern. Letztere haben erwiesenermaßen den Crash von 2007/08 verursacht. Hier vermischen sich Realität und Fiktion und ich glaube, ich habe Bankchef Mosbach noch einen Auftritt mehr verschafft. Er lebt frei nach dem Motto, ich nehme mir, was ich kriegen kann. Arne Steenborg wiederum verspricht, die Steueroasen trocken zu legen. Könnte er Mosbachs Machenschaften beenden, falls er Kanzler wird? Das zu verhindern, wird Mosbachs Besessenheit. Bis zum Finale, dem Wahlabend, muss noch einiges geschehen, muss die Vendetta weitergehen und ihr braucht viel Lesestoff.






Was mir bei dem Projekt am wichtigsten ist: Ich möchte die Menschen hinter der Macht und den Schlagzeilen zeigen, kurzum, die Menschen, die wir "Politiker" nennen. Darum geht es mir am meisten um die Entwicklung und Beschreibung ihrer Charakter. Es sind Männer und Frauen mit ihren Ambitionen, ihren Sorgen, ihren Überzeugungen, ihren Stärken wie auch Schwächen. "Steenborgs Ritt" wird mehr als nur ein Roman über das politische Berlin, sondern erzählt aus der Sichtweise der Betroffenen.


Zu den Betroffen gehört auch Gesa, Arnes Frau. Wie wirkt sich der volle Terminkalender ihres Manns auf sie aus und wie geht es ihr, wenn er unter medialem Dauerbeschuss steht? Was sind ihre Hoffnungen und was treibt sie an? Gesa ist mein Liebling. Ihr werdet sie selbst kennenlernen.

Ich weiß, dass nicht allen gefallen wird, was sie hier lesen. Damit kann ich umgehen. Ich weiß aber auch, dass mir nicht wenige Recht geben werden. Für letztere schreibe ich dieses Buch.

Comments

  1. Ich bin sehr gespannt auf dieses Buch. Ira Ebner lese ich gerne wegen den historischen, auch zeitgeschichtlichen Themen und natürlich wegen dem Schreibstil.Gegenwartsliteratur, die unsere Gesellschaft und ihre Strukturen von der Warte der Akteure beleuchtet, interessiert mich auch. Selbst wenn ich die politische Meinung, die dahinter steht, nicht in Gänze teilen sollte, was ich noch nicht ganz genau wissen kann, wird dieses Buch für mich ein Genuss sein. Auch "freies Schreiben" und "freies Lesen" von Büchern ist Teil unserer Demokratie. Dann kommt es noch darauf an, wie man mit den Meinungen anderer umgeht, mindestens doch bestimmt in einem anständige Ton ...

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  2. Der gleichen Meinung wird man nie sein und muss es auch nicht. Ich versuche, in dem Buch, auch der anderen Seite gerecht zu werden und auf ihre Motivation einzugehen. Am Schluss kann der Leser selbst abwägen. Mir ist wichtiger, ein realistisches Bild von unseren Politikern wiederzugeben, von ihrem Alltag, den Kompromissen, auch ihrem Privatleben - oder auch vom Inneren einer Wahlkampfzentrale und den Menschen, die dort arbeiten. Das steht bei mir, unabhängig von der jeweiligen politischen Ansicht, oder wen der Leser dann sympathischer findet, mehr im Mittelpunkt als die Ausrichtung.
    Das Buch sehe ich, je weiter ich damit komme, als einen zweiten Blick auf das, was wir heute haben. Du wirst beim Lesen sicher auf Hinweise, Anzeichen stoßen, die heute Realität sind, siehe das Entstehen der AfD, zum Beispiel, oder dass innerhalb der Gesellschaft der Respekt vor unseren Politikern, den Parteien, Institutionen, kurzum allen Vertretern des Staats (Polizei, Justiz, Finanzamt, ...)verloren gegangen ist. Oder dass die Entpolitisierung des Alltags zum Rückgang der Wahlbeteiligung bis hin zum Desinteresse an der Demokratie geführt hat.
    Was die Demokratie und die Freiheit betrifft, wenn man selbst respektiert und anständig behandelt werden möchte, muss man auch sein Gegenüber genauso behandeln und seine Meinung akzeptieren und sich auch einmal zurücknehmen.

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